Interkulturelle Erfahrung = Interkulturelle Kompetenz? Eine Untersuchung nach der sichtbaren Entwicklung interkultureller Kompetenz anhand von Reflexionsberichten des Kurses Intercultural Learning an der Universität Utrecht
Summary
In einer globalisierenden Welt, in der interkulturelle Kompetenzen und internationale Erfahrungen stets wichtiger werden, steigt die Nachfrage nach Auslandsaufenthalten zu Studienzwecken konstant an. Oft wird davon ausgegangen, dass die alleinige Teilnahme an Auslandaufenthalten zum Erwerb interkultureller Kompetenzen führt. Um diese Entwicklung der in- terkulturellen Kompetenz der Studierenden, die einen Auslandsaufenthalt absolvieren, anzuregen, bieten Universitäten verschiedene Kurse an. So bietet die Universität Utrecht den Kurs Intercultural Learning an, der Studierende vor, während und nach ihrem Auslandsaufenthalt begleitet. In der vorliegenden Masterarbeit wurden 27 Reflexionsberichte beziehungsweise interkulturelle Ethnographien analysiert, die im Rahmen des zweiten Modules des Kurses In- tercultural Learning von 20 Studierenden unterschiedlicher Studiengänge eingereicht wur- den. Mit Hilfe von gerichteten und konventionellen Inhaltsanalysen wurde deutlich, dass die Studierenden die vier Phasen des experimentellen Lernzyklus von Kolb (1984) – Erfahrung, Reflexion, Konzeptualisierung und Experimentieren - durchlaufen und verschiedene Lern- techniken - die Verifikation der Erlebnisse durch Drittparteien, die Überprüfung von Stereo- typen und der Vergleich unbekannter Umstände mit ihrem Heimatland oder andere Verglei- che - anwenden. Während die Studierenden in der Erfahrungs- und der Reflexionsphase vor allem auf das Gastland, andere internationale Studierende, die Niederlande und sich selbst eingingen, verdeutlichte die Analyse der Konzeptualisierungsphase, dass die Studierenden kulturspezifisches und kulturallgemeines Wissen sowie Wissen über sich selbst erlernten. Die Analyse der Experimentierphase verdeutlichte die geplante oder realisierte Akkulturation, Dekulturation oder, in wenigen Fällen, auch Aufrechterhaltung der kulturnahen Haltung oder des kulturnahen Verhaltens. Der Durchlauf dieser Phasen wurde durch die Aufgabenstellung der Reflexionsberichte des Kurses Intercultural Learning beeinflusst. Des Weiteren verdeutlichte die konventionelle Inhaltsanalyse, dass die Studierenden verschiedene Lerntechniken, so wie die Verifikation der Erlebnisse durch Drittparteien, die Überprüfung von Stereotypen und der Vergleich unbekannter Umstände mit ihrem Heimatland oder andere Vergleiche, benutzten. Die Aufgabenstellung der Reflexionsberichte regte die Studierenden zur Verwendung dieser Lerntechniken an. Anhand der Analyse der Phasen und der Lerntechniken wurde deut- lich, dass die Studierenden Lernerfahrungen bezüglich ihres Wissens, ihrer Haltung, ihres Verhalten und Referenzkader gemacht haben. Da diese Gebiete oft als Teilkompetenzen interkultureller Kompetenz definiert werden, kann davon ausgegangen werden, dass das Verfassen der Reflexionsberichte beziehungsweise interkulturellen Ethnographien im Rahmen des Kurses Intercultural Learning die zur Entwicklung interkultureller Kompetenz geführt hat. Außerdem verdeutlichte die Analyse die Eignung der Reflexionsberichte für die Messung interkultureller Kompetenz, da die Entwicklung dieser für Außenstehende deutlich wurde. Des Weiteren wurden die Untersuchung und das zweite Modul des Kurses Intercultural Learning kritisch betrachtet und wurden theoretische Implikationen für zukünftige Untersuchungen und praktische Implikationen für den Kurs Intercultural Learning und interkultureller Trainingskurse im Allgemeinen gegeben.