dc.description.abstract | In Annette von Droste-Hülshoffs Die Judenbuche finden vier Todesfälle statt, von denen wir Leser keinen miterleben. Wer sie verübt hat, ist im einen Fall deutlicher als im anderen, was zu so auseinander gehenden Interpretationen wie nur denkbar geführt hat. Abgesehen davon sind die Szenen der Novelle voller rätselhafter Details, die sich schwer miteinander in Verbindung bringen lassen. Verlockend ist es mit solch einem nicht mitteilsamen Erzähler, den wahren Sachverhalt aus anderen Dingen als aus der Handlung selbst abzuleiten. So sucht der eine ihn in religiösen Geheimsignalen, der andere in metaphorischer Evidenz und ein dritter umgeht die Schuldfrage lieber insgesamt.
Bemerkenswert ist Martha B. Helfers Aufsatz "Wer wagt es, eitlen Blutes Drang zu messen?": Reading Blood in Annette von Droste-Hülshoff's Die Judenbuche, in dem sie behauptet, Friedrich Mergel sei ein verborgener Jude, und dies bilde der Grund dafür, dass ihm ein christliches Begräbnis verweigert wird. Helfer versteht Die Judenbuche als eine Warnung vonseiten der Droste vor der Unsichtbarkeit von Juden in der christlichen Gesellschaft. Die Handlung der Novelle lege einen beträchtlichen Zusammenhang an den Tag, sobald wir ihren antisemitischen Subtext bloßlegen. Eine Antwort auf die Frage, wer z.B. Aaron erschlagen hat, hat die Interpretation Helfers jedoch nicht gebracht.
Ob das Geschehene zu Helfers Interpretation beiträgt, und ob diese sich wiederum dazu eignet, Aufklärung im düsteren Geschehenen zu verschaffen, wird in dieser Arbeit zur Diskussion gestellt. Die Untersuchungsfrage der Arbeit lautet: Ist Friedrich ein Jude und welche Rolle spielen Juden in Bezug auf die Schuldfrage in Die Judenbuche? Um diese Frage zu beantworten werden wir zuerst diese Schuldfrage und die Art, in der sie in der Sekundärliteratur diskutiert worden ist, behandeln, um uns dann auf den Aufsatz von Helfer zu konzentrieren und zu untersuchen, wie überzeugend die von ihr präsentierte Evidenz für ihre These spricht. | |